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Als „Familienangehörige“ im Sinne des § 577a Abs.1a 2 BGB gelten ausschließlich die Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß §§ 383 ZPO, § 53 StPO zusteht.
Mit Urteil vom 10.7.2024 (Az.: VIII ZR 276/23) entschied der BGH, dass ein enges persönliches Verhältnis zwischen Cousins innerhalb einer Personengesellschaft nicht ausreicht, um die Ausnahme des § 577a Abs.1a 2 BGB anzunehmen und so eine Sperrfrist zu umgehen.
Es blieb jedoch offen, ob die zum 1.1.2024 in Kraft getretenen Neuregelungen durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) Auswirkungen auf das Recht einer (Außen-)GbR hat, ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters zu kündigen.
Sachverhalt
In dem zu entscheidenden Fall bestand zwischen den Parteien ein Mietverhältnis. Die Vermieterin war eine GbR, welche ursprünglich von zwei Cousins geführt wurde. Nach Ableben eines Gesellschafters traten 2016 dessen Kinder im Weg der Gesamtrechtsnachfolge als Gesellschafter in die GbR ein und wurden 2016 in das Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2021 kündigte die GbR das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, da einer der neuen Gesellschafter die Wohnung für sich und seine Ehefrau nutzen wollte.
Die Klage der GbR auf Herausgabe und Räumung der streitgegenständlichen Wohnung hatte das Amtsgericht Berlin-Mitte abgewiesen. Das Landgericht Berlin hatte die Mieterin jedoch zur Herausgabe verurteilt. Die daraufhin erfolgte Revision der Mieterin hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Der Fall ging durch alle Instanzen bis zum BGH.
Entscheidung des BGH
Ohne Erfolg für die Vermieterin! Der BGH stellte fest, dass die Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund von Eigenbedarf unwirksam war. Zwar erkannte das LG Berlin richtig, dass die GbR sich auf den Eigenbedarf von einem ihrer Gesellschafter berufen konnte und dieser auch gemäß § 537 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorlag. Allerdings verkannte es, dass die Kündigungssperrfrist nach § 577a Abs.1a 1 Nr. 1 BGB, § 577a Abs. 2 BGB iVm § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin noch in Kraft war. Eine Ausnahme besteht nach § 577a Abs.1a 2 BGB, wenn die Gesellschafter oder Erwerber derselben Familie angehören. Fälschlicherweise hatte das LG Berlin angenommen, dass die Gesellschafter im maßgeblichen Zeitpunkt des Eigentumserwerbs als Cousins iSv § 577a Abs.1 2 BGB derselben Familie angehörten und die Kündigungsbeschränkung im vorliegenden Fall deshalb nicht anzuwenden sei. Der BGH verneinte diese Annahme und stellte fest, dass die Privilegierung nur engen Familienangehörigen zusteht, welche nach § 383 ZPO, § 52 StPO ein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht haben. Cousins fallen auch dann nicht in diesen geschützten Personenkreis, wenn sie eine enge persönliche Bindung haben. So wurde im vorliegenden Fall eine Ausnahme der Sperrfrist vom BGH verneint und damit auch die Wirksamkeit der Kündigung abgelehnt.
Die Frage, ob das am 1.1.2024 in Kraft getretene MoPeG einen Einfluss auf das Recht der Eigenbedarfskündigung einer GbR hat, blieb offen.
Der BGH stellte jedoch fest, dass die neuen Vorschriften durch das MoPeG erst nach der Eigenbedarfskündigung in Kraft getreten waren, sodass diese auf die Wirksamkeit der Kündigung keinen Einfluss hatten. Der Fall war somit nach den Vorschriften zu beurteilen, welche im Zeitpunkt der Kündigung galten.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil des BGH schafft mit der engen Auslegung des Familienbegriffs Rechtssicherheit und Planbarkeit für Vermieter sowie für Mieter.
Mieter profitieren davon, dass der Schutz vor Eigenbedarfskündigungen erhalten bleibt, solange keine enge Familienbindung besteht. Durch die Präzisierung des Begriffs und dem Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung können Mieter besser einschätzen unter welchen Umständen ihnen ein Schutz zukommt.
Vermieter, welche eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, wissen so auch, auf welche familiären Beziehungen sich eine Ausnahme stützen kann.
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