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Vermieter verweigert Mieter Wiedereinräumung des Besitzes sowie Herausgabe des beschlagnahmten Hausrats
In dem streitgegenständlichen Fall geriet der Mieter mit seiner Mietzinszahlung in Verzug. Der Vermieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos. Eine Räumungsklage wurde von dem Vermieter nicht erhoben. Da der Mieter die ihm gesetzte Ziehfrist fruchtlos verstreichen ließ, nahm der Vermieter die Wohnung samt Hausrat in Besitz. Dabei entsorgte der Vermieter einen großen Teil der Wohnungseinrichtung. Weitere in der Wohnung befindliche Gegenstände lagerte er ein, wobei zwischen den Parteien streitig war, ob alle dort vorgefundenen und nicht entsorgten Gegenstände eingelagert wurden. Ein Bestandsverzeichnis erstellte der Vermieter nicht.
Obwohl der Mieter den Mietrückstand vollständig beglich und damit die fristlose Kündigung unwirksam wurde, verweigerte der Vermieter eine Wiedereinräumung des Besitzes sowie die Herausgabe des beschlagnahmten Hausrats. Daraufhin erhob der Mieter Klage gegen den Vermieter und begehrte Schadensersatz von über EUR 20.000,00 für den abhandengekommen Hausrat. Der Mieter begehrte zudem die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 2.500,00 für die erlittene Obdachlosigkeit.
Vermieter haftet verschuldensunabhängig gemäß § 231 BGB
Die vom Mieter eingereichte Klage hatte teilweise Erfolg! Das zuständige AG verurteilte den Vermieter zur Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 1.005,00 nebst der Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 2.500,00.
Das Gericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die eigenmächtige Inbesitznahme der Wohnung durch den Vermieter eine unerlaubte Selbsthilfe i.S.d. § 229 BGB darstelle, mit der Folge der verschuldensunabhängigen Haftung nach 231 BGB. Hierbei folgte das AG den höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen. Diesbezüglich hatte bereits der BGH im Jahr 2010 entschieden, dass die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter eine verbotene Eigenmacht und zugleich eine unerlaubte Selbsthilfe im Sinne des § 229 BGB darstelle, für deren Folgen der Vermieter verschuldensunabhängig nach § 231 BGB haftet (vgl. BGH Urt. v.14.7.2010, VIII ZR 45/09).
Auch folgte das AG Wetter in seiner Entscheidung dem BGH dahingehend, dass das AG zu dem Ergebnis gelangte, dass der beklagte Vermieter für die eigenmächtig in Besitz genommenen Einrichtungsgegenstände des Mieters eine Obhutspflicht treffe. Der Vermieter hätte deshalb nicht nur dafür Sorge tragen müssen, dass an den in Besitz genommenen Gegenständen während der Dauer ihrer Obhut oder der anschließenden Einlagerung keine Beschädigungen oder Verluste eintreten. Er hätte vielmehr bereits bei Inbesitznahme ein Bestandsverzeichnis der verwahrten Gegenstände aufzustellen und deren Wert schätzen lassen müssen, um dem Mieter eine Sicherung seiner Ansprüche zu ermöglichen (vgl. BGH Urt. v.14.7.2010, VIII ZR 45/09).
Umkehr der Darlegungs- und Beweislast bei Ermittlung des Schadens
Das AG vertrat ferner die Auffassung, dass eine „kalte Räumung“ zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führe.
Dies bedeutet, dass der Vermieter darlegen und beweisen muss, dass sich die Gegenstände, die sich laut den Angaben des Mieters in der Wohnung befunden haben, tatsächlich nicht vorhanden waren. Auch in diesem Punkt folgte das AG den höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen.
Im Falle der Unmöglichkeit der Herausgabe oder nachweislich eingetretenen Verschlechterung der herauszugebenden Einrichtungsgegenstände, hat der Vermieter sich darüber hinaus zu entlasten, sodass ihn und nicht den Mieter insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. BGH Urt. v. 14.7.2010, VII 45/09).
Einen solchen Beweis konnte der Vermieter in dem zu Grunde liegenden Verfahren indes nicht führen, da ein Bestandsverzeichnis nicht erstellt wurde. Auch verkannte der Vermieter den Wert der Gegenstände des Mieters feststellen lassen hat.
Bestandsverzeichnis des Mieters
Da der Vermieter die ihm obliegende Beweisführung nicht erbrachte, wurde das vom Mieter erstellte Bestandsverzeichnis zugrunde gelegt. Hier kam das AG nach einer langwierigen Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher Zeugen zu dem Ergebnis, dass die vom Mieter angesetzten Werte dahingehend plausibel sind, als das dem Mieter einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.005,00 zustehe.
„Kalte Räumung“ begründet Schmerzensgeldanspruch bei schweren Grundrechtsverletzungen
Schließlich sprach das AG dem Mieter das begehrte Schmerzensgeld zu. Nach Auffassung des AG stellte das Handeln des Vermieters eine schweren Grundrechtsverletzung, wie hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters aus den Art. 1, 2 GG folgend sowie den Schutz der Wohnung gem. Art. 13 GG, dar.
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Ausgehend von der Entscheidung des AG sowie der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist Vermietern zwingend anzuraten, von einer „kalten Räumung“ Abstand zu nehmen. Übt ein Vermieter im Wege einer „kalten Räumung“ durch eigenmächtige Inbesitznahme von Wohnung und Hausrat eine unerlaubte Selbsthilfe aus, ist er dem Mieter gemäß § 231 BGB zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die Konsequenzen des Unterlaufens des staatlichen Gewaltmonopols können für Vermieter somit gravierend sein. Neben der Schadensersatzpflicht drohen dem Vermieter auch strafrechtliche Konsequenzen.
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