0221 1680 65 60
Sachverhalt/ Problem
Der Mieter betreibt in Deutschland ca. 3.000 Textileinzelhandelsgeschäfte. Während der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten staatlichen Schließungsanordnungen bleiben die Geschäfte des Mieters im Zeitraum 19.03. bis 19.04.2020 geschlossen. Mit Schreiben vom 24.03.2020 kündigte der Mieter an, die Miete für April 2020 nicht zu zahlen. Ab Mai nimmt der Mieter die Mietzahlung wieder auf. Staatliche Finanzhilfen erhält der Mieter nicht, ein Großteil der Belegschaft befindet sich in Kurzarbeit "0". Der Vermieter einer Filiale in Chemnitz mahnt die Bezahlung der Gewerbemiete für April 2020 i.H.v. ca. 7.854 Euro an und erhebt nach Fristablauf Klage. Das Landgericht gibt ihm Recht. Der Mieter geht in Berufung.
OLG Dresden: staatliche Schließungsanordnung ist eine Störung der Geschäftsgrundlage
Teilweise mit Erfolg! Das OLG verneint die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung durch den Vermieter und einen Mangel der Mietsache. Die staatliche Schließungsanordnung begründe aber eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Dabei entfalte das Kündigungsmoratorium des Art. 240 § 2 EGBGB keine Sperrwirkung, da mit dieser gesetzlichen Regelung die Frage nach dem Bestehen des Anspruchs auf Mieter gerade nicht geregelt worden sei. Die drei Voraussetzungen des § 313 BGB (das tatsächliche, das hypothetische und das normative Element) seien erfüllt. Bei der Beurteilung des normativen Elements, ob dem Mieter das Festhalten am unveränderten Mietvertrag zumutbar ist, weicht das OLG von den meisten Entscheidungen auf Landgerichtsebene, aber auch vom OLG Karlsruhe und OLG München ab und verlangt nicht, dass der Mieter durch die staatlichen Schließungsanordnungen in eine existenzgefährdende Lage geraten müsse. Bei einem Mietvertrag handle es sich um ein Dauerschuldverhältnis, Miete werde für die Nutzung eines bestimmten Zeitabschnitts, regelmäßig für einen Monat gezahlt.
Miete im Lockdown ist in Folge der staatlichen Schließungsanordnung um 50 % reduziert!
Bei der daraus abzuleitenden Betrachtung je Monat sei es für den Mieter unzumutbar, die Miete für ein Mietobjekt zu zahlen, das er aus von ihm nicht zu vertretenden und nicht vorhersehbaren Gründen nicht nutzen könne. Da aber auch der Vermieter die Schließung nicht zu vertreten und bei Abschluss des Mietvertrags auch nicht vorhergesehen habe, sei eine Reduzierung der Miete um 50% die angemessene Anpassung. Die Frage, ob die Quote anzupassen ist, falls der Mieter staatliche Zuschüsse bekommt, lies das OLG offen, da der Mieter hier solche nicht erhält.
Praktische Bedeutung der Entscheidung
Abermals hat nunmehr ein Gericht entschieden, dass Gewerberaummieter einen Anspruch auf Vertragsanpassung infolge der COVID_19- Pandemie haben. Gleichwohl sollten Gewerberaummieter bei dieser Vorgehensweise Vorsicht walten lassen, da eine abschließende Klärung seitens des BGH noch nicht erfolgt ist. Auch müssen Mieter zur Begründung ihres Kürzungsanspruchs konkret darlegen, worin die Beschränkungen des vertragsgemäßen Gebrauchs liegen. Hinzu kommen muss konkreter Vortrag des Mieters zur Ein- und Ausgabesituation, möglichen Alternativen oder Ergänzungen des Geschäftsbetriebs (online- Handel, Lieferdienste etc.), staatlichen Entschädigungsleistungen und tatsächlichen betrieblichen Nutzungen.
Nicht unbedacht Miete reduzieren - ggfs. Mietvertrag anpassen!
Insofern sollte man als Mieter/ Pächter zunächst mit Nachdruck versuchen, mit dem Vermieter/ Verpächter eine einvernehmliche Regelung zu treffen. Das ist auch rückwirkend möglich, wenn Zahlungen bisher gestundet wurden. Das Argument, dass man auch in der Zeit „nach Corona“ als Mieter / Pächter erhalten bleibt, dürfte oft helfen. Denn Gewerbeflächen dürften „nach Corona“ nicht unbedingt leichter an den Mann zu bringen sein. Passt man den Vertrag an, sollte das dann unbedingt immer schriftlich geschehen und die Dauer der Anpassung sollte exakt definiert sein. Andernfalls läuft man Gefahr, dass der Vertrag an einem Schriftformmangel leidet.
Sie haben Fragen zum Thema? Sie benötigen tatkräftige und fachkundige Unterstützung in der Verhandlung oder Auseinandersetzung mit einem gewerblichen Vermieter oder Verpächter? Kontaktieren Sie mich gerne in Köln unter 0221 / 1680 65 60 oder per E-Mail an kanzlei@mietrechtkoeln.de
0221 1680 65 99