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Die Mieter haben grundsätzlich die Pflicht zur Duldung der Besichtigung und Betretung der Wohnung durch den Vermieter. Eine grundlose Verweigerung der Besichtigung des Mietobjekts kann den Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigen. Dies gilt auch laut der Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt vom 15.03.2023, Az. 33 C 2117/22, wenn die Besichtigung der Vorbereitung eines Verkaufs der Räumlichkeiten dient.
Verweigerung der Besichtigung als Kündigungsgrund
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Vermieter und Mieter stritten um die Wirksamkeit der Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Mietsache. Der im Jahr 2012 geschlossenen Mietvertrag zwischen dem Vermieter und den beiden Mietern beinhaltete eine Klausel, die besagt, dass die Mietsache zu den üblichen Tageszeiten nach vorheriger Terminvereinbarung besichtigt werden darf. Im Jahr 2021 sollte sodann eine Besichtigung aufgrund eines möglichen Verkaufs des Mietobjekts erfolgen. Mehrfache Terminvorschläge seitens des Vermieters lehnten die Mieter mit der Begründung von überflüssigen Hausbetretungen ab. Die Mieterin war zudem aufgrund einer Krebsdiagnose Corona-Risikopatientin und wollte auch aufgrund dessen keine zahlreichen Besichtigungen in dem von ihr bewohnten Haus dulden.
Trotz Nachfrage des Vermieters nach Alternativterminen sowie der Möglichkeit einer Besichtigung unter der Bedingung, dass alle eine FFP2-Maske tragen und der Raum stetig belüftet werde, konnte kein Termin für eine Besichtigung gefunden werden. Nach fruchtloser Abmahnung kündigte der Vermieter die Mieter fristlos und hilfsweise ordentlich und erhob Räumungsklage vor dem zuständigen Amtsgericht.
Die Entscheidung des Gerichts
Mit überwiegendem Erfolg! Das Amtsgericht erachtete zumindest die ordentliche Kündigung des Vermieters für wirksam und verurteilte in der Folge die Mieter zur Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Mieträume.
Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters
Zwar verkannte das Amtsgericht nicht, dass eine fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund möglich ist, d.h. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beidseitigen Interessen. Auch verkannte das Amtsgericht nicht, dass die beharrliche Verweigerungshaltung der Mieter in der Verweigerung der Besichtigung grundsätzlich zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung geeignet ist, dem Recht des Vermieters ist jedoch das Recht des Mieters aus Art. 13 Abs. 1 BGB - in seinem Haus in Ruhe gelassen zu werden – entgegen zu war.
Das Amtsgericht Frankfurt betonte im Rahmen der rechtlichen Würdigung, dass der Mieter Besichtigungen nur bei besonderem Anlass dulden muss, denn regelmäßige Besichtigungen werden dem Vermieter grundsätzlich nicht zugebilligt.
Vorliegend diente die Besichtigung des Vermieters mit einem Makler dem Sammeln von ausreichend Informationen über den aktuellen Zustand der Räumlichkeiten und zur Vorbereitung des Verkaufsexposés. Dies stellt in diesem Fall nach Auffassung des Amtsgerichts auch einen besonderen Anlass dar.
Ferner konstatiere das Amtsgericht im Rahmen seiner Entscheidung, dass eine Besichtigung nicht einfach grundlos durch den Mieter verweigert werden darf, sondern es müssen konkrete Gründe für die Verweigerung vorliegen.
Im streitgegenständlichen Fall beriefen sich die Mieter auf die Überflüssigkeit der Besichtigung sowie die gesundheitliche Situation der Mieterin.
Diese Auffassung wurde vom Amtsgericht jedoch nicht geteilt, da sie überdies im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BGH steht. Überflüssig ist eine Besichtigung mit dem Makler laut dem Amtsgericht Frankfurt gerade nicht, wenn diese Räumlichkeiten weiterverkauft werden sollen.
Gleichwohl verkannte das Amtsgericht nicht, dass trotz wichtigem Grund eine Interessenabwägung vorgenommen werden muss. Das Besitzrecht an dem Haus (Art. 14 GG) und das Recht aus Art. 13 GG wird vom Gericht ein sehr hohen Stellenwert eingeräumt. Somit fällt im Rahmen der Interessenabwägung die Pflicht zur Duldung von Besichtigungen hinter dem Art. 13 und 14 GG zurück. Die außerordentliche Kündigung des Vermieters war demnach nicht wirksam.
Keine zeitlich unbegrenzte Verweigerung möglich
Die ordentliche fristgerechte Kündigung war nach Auffassung des Amtsgerichts jedoch wirksam. Die sich aus dem Mietverhältnis ergebenen Verpflichtungen wurden durch die Mieter schuldhaft und nicht unerheblich verletzt. Diese Verletzung bestand in der zeitlich unbegrenzten Verweigerung der Besichtigung und Betretung durch die Mieter.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung ist konsequent und liegt auf einer Linie mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Wohnraummieter ist nach zutreffender Ansicht des BGH nicht verpflichtet, dem Vermieter jederzeit das Besichtigen oder Betreten der Mieträume zu gestatten. Eine solche Nebenpflicht des Wohnraummieters besteht vielmehr nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt. Der BGH nennt als Beispiel die Besichtigung aus Gründen der Bewirtschaftung des Objekts; konkret etwa durch Kaufinteresse, Makler oder Gutachter. Eine diesbezügliche Besichtigung muss aber konkret erforderlich sein. Der BGH hat nämlich der Meinung eine Absage erteilt, der Vermieter könne periodisch Zutritt verlangen, um den Zustand der Wohnung zu kontrollieren.
Vermieter sollten bei beharrlicher Verweigerung durch die Mieter im Falle einer beabsichtigten Wohnungsbesichtigung vor Ausspruch einer Kündigung den Mieter zunächst abmahnen. Mieter sollten hingegen bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (Verkaufsabsichten, Mangelbeseitigungsmaßnahmen etc.) die Wohnungsbesichtigung durch den Vermieter dulden, um nicht Gefahr zu laufen, eine Abmahnung oder gar eine Kündigung des Mietverhältnis zu riskieren.
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