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Wird dem vorgebrachten Eigenbedarf des Vermieters nach Auszug des Mieters nicht nachgegangen, so liegt der Verdacht nahe, dass der vorgebrachte Eigenbedarf lediglich vorgetäuscht war.
Der Vermieter ist sodann in der Pflicht substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein sollte, bzw. die Bedarfsabsicht nicht realisiert hat Genügen die Darlegungen des Vermieters den hohen Anforderungen nicht, so kann er zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sein.
Mit Urteil vom 11.04.2024 (Az.:221 C 10/23) hat das Amtsgericht Köln entschieden, dass der Vermieter den Mietern, aufgrund eines vorgetäuschten Eigenbedarfs, die hieraus kausal entstandenen Schäden zu ersetzen hat.
Sachverhalt
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis, welches seitens der Vermieter aufgrund von Eigenbedarf gekündigt wurde. Die Vermieter, welche bereits innerhalb der gleichen Liegenschaft wohnten, gaben an, die Wohnung als Altersruhesitz nutzen zu wollen.
Nachdem eine vor dem Amtsgericht Köln erhobene Räumungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt wurde und die Mieter aus der Wohnung auszogen, stellten diese fest, dass die Vermieter nicht in die freigewordene Wohnung eingezogen waren. Stattdessen war die Wohnung im Internet zur Neuvermietung ausgeschrieben. Eine Stellungnahme der Vermieter erfolgte gegenüber den Mietern nicht.
Daraufhin erhoben die Mieter Klage vor dem Amtsgericht Köln mit welcher sie Schadensersatz für die entstandenen Kosten begehrten.
Entscheidung des Gerichts
Die Klage hatte teilweise Erfolg! Das Amtsgericht Köln stellte fest, dass die Vermieter ihre Pflichten aus dem Mietverhältnis dadurch schuldhaft verletzt hatten, dass sie eine unberechtigte Eigenbedarfskündigung aussprachen und die Mieter damit zum Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung veranlassten. Die dadurch kausal entstandenen Schäden waren den Mietern zu ersetzen.
Soweit die Mieter bei den angegeben Schadenspositionen keinen kausalen Schaden erlitten hatten, sah das Amtsgericht Köln die Schadensersatzklage jedoch als unbegründet an. Auch gilt nach der Differenzhypothese ein Überkompensationsverbot, wonach der Mieter wirtschaftlich nicht bessergestellt werden darf, als er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. So erhielten die Mieter nur den Ersatz für die Schäden, die sie detailliert nachweisen und deren Kausalität sie glaubhaft darlegen konnten. Nicht alle von ihnen geltend gemachten Kosten erfüllten diese Anforderungen, weshalb sie nur teilweise Schadensersatz zugesprochen bekamen.
Schadensersatz bei unberechtigter Eigenbedarfskündigung
Wenn Vermieter den behaupteten Eigenbedarf nicht realisieren unterliegen sie einer sekundären Darlegungslast. Sie müssen substantiiert und plausibel darlegen, warum der angeführte Bedarf nachträglich entfallen ist, bzw. sich nie realisiert hat.
Im vorliegenden Fall behaupteten die Vermieter, sie hätten nach dem Auszug der Mieter die Wohnung renoviert und beabsichtigt, anschließend einzuziehen. Eine schwere Coronaerkrankung habe jedoch ihre Pläne durchkreuzt und ihre körperlichen Grenzen aufgezeigt. Dies habe sie letztlich dazu gebracht, die Umzugsvorhaben zu überdenken und alternative Lösungen, wie etwa die Installation eines Treppenlifts in ihrer aktuellen Wohnung, in Betracht zu ziehen.
Das Gericht sah diese Argumentation als nicht überzeugend an, insbesondere da die Vermieter ihre gesundheitlichen Einschränkungen bereits bei der Kündigung als Grund für den Eigenbedarf angeführt hatten. Zudem war es den Vermietern zumutbar, ein Umzugsunternehmen zu beauftragen, zumal die neue Wohnung sich in derselben Liegenschaft befand.
Die Vermieter konnten den Anforderungen der sekundären Darlegungslast nicht gerecht werden und waren somit nach § 280 BGB zu Schadensersatz verpflichtet. Die Mieter konnten ihre Ansprüche bestehend aus Umzugskosten, Mietdifferenzkosten zwischen altem und neuen Mietvertrag auch weitestgehend erfolgreich durchsetzen, da sie die entstandenen Kosten detailliert und nachvollziehbar darlegten. Lediglich hinsichtlich der Kostenposition „Einbauküche“ sah das Gericht die Klage als unbegründet an und argumentierte, dass die Küche auch innerhalb der neuen Wohnung verwendet werden könne.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass ein vorgetäuschter Eigenbedarf erhebliche finanzielle Konsequenzen mit sich ziehen kann. Vermieter haben insofern Sorge zu tragen ihren Eigenbedarf plausibel darzulegen um nicht in die Beweisnot zu geraten. Ein vorgeschobener Eigenbedarf welcher nicht umgesetzt wird, führt unter Umständen zu Schadensersatzansprüchen der Mieter und kann sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Fällt die dargelegte Bedarfsabsicht vor Ablauf der Kündigungsfrist, haben Vermieter eine Obliegenheit den betroffenen Mieter über den Wegfall der Bedarfsabsicht zu informieren.
Für Mieter bedeutet dieses Urteil, dass sie bei einer Eigenbedarfskündigung kritisch hinterfragen müssen, ob ein solcher Bedarf tatsächlich besteht. Wird dem Eigenbedarf nach Auszug der Mieter nicht nachgegangen, können die Mieter rechtliche Schritte einleiten und Schadensersatz vom Vermieter verlangen. Mieter sollten sich insofern nach Auszug versichern, dass der Vermieter den angekündigten Eigenbedarf tatsächlich auch realisiert hat. Hierzu können und sollten ggfs. entsprechende Nachforschungen (Befragung der ehemaligen Nachbarn, Sichtung der Wohnungsbörsen etc.) angestrengt werden.
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